ANIMATION AVANTGARDE – Wettbewerb 1
Prolog der kleinen Spitzmaus: VOM LODERNDEN RAUM AUF ERDEN
Little Shrew’s Prologue to the Burning Room on Earth
METRO Kinokulturhaus – Historischer Saal: 28.5.2025 – 17:30
mumok kino: 29.5.2025 – 14:00
Zwischen brüchigen Erinnerungsbildern und surrealen Visionen eröffnet dieses Kurzfilmprogramm eindrucksvolle Perspektiven auf innere wie auf gesellschaftliche Konflikte. Die Filme bewegen sich zwischen dem Zerfall des Erinnerns, dem Druck digitaler Selbstoptimierung, Traumata, dystopischen Alltagsbeobachtungen und Zukunftsszenarien. Sie verhandeln Vergänglichkeit, Zugehörigkeit und das Suchen nach Orientierung in einer Welt im Wandel. Die neun ausgewählten Beiträge nehmen uns mit auf eine zugleich verstörende und hoffnungsvolle Reise durch die Ambivalenzen unserer Gegenwart. (ll)
Between fractured memories and surreal visions, this short film program opens up powerful perspectives on both inner and social conflicts. The films move between the disintegration of memory, the pressures of digital self-optimization, trauma, dystopian everyday observations, and visions of the future. They explore transience, belonging, and the search for orientation in a world in flux. The nine selected works take us on a journey that is at once unsettling and full of hope, navigating the many ambivalences of our present times. (ll)
Prolog der kleinen Spitzmaus: VOM LODERNDEN RAUM AUF ERDEN, 69 min

火宅 (BURNING ROOM)
Xinyi Huang, Xinyi None | 2024 | 4 min | CN
Kein Dialog, Farbe, Österreich-Premiere
In 火宅 (Burning Room) entwirft Xinyi Huang eine unschuldig wirkende Welt, in der die Grenze zwischen Kindheit und Erwachsenwerden allmählich bröckelt. Hinter verspielten, scheinbar harmlosen Motiven macht sich eine wachsende Unruhe breit. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist geprägt von Nähe und Distanz, von unausgesprochenen Spannungen, die sich in der Enge des Raums immer stärker bemerkbar machen – bis das fragile Gleichgewicht kippt. (ll)
In Burning Room, Xinyi Huang creates an innocent-looking world where the boundary between childhood and adulthood gradually begins to crumble. Behind playful, seemingly harmless motifs, a growing sense of unease arises. The relationship between mother and daughter is shaped by closeness and distance, by unspoken tensions that become increasingly palpable in the confined space—until the fragile balance tips. (ll)

LITTLE SHREW (SNOWFLAKE)
Kate Bush | 2024 | 4 min | UK
Kein Dialog, Farbe, Schwarz-Weiß, Österreich-Premiere
In ruhigen Schwarz-Weiß-Bildern erzählt Kate Bush die Geschichte einer kleinen Zwergspitzmaus, die sich durch eine vom Krieg gezeichnete Umgebung bewegt. Begleitet von einer Neuinterpretation des Songs „Snowflake“ steht das Tier stellvertretend für die Verletzlichkeit und Sprachlosigkeit von Kindern im Krieg – übersehen, schutzlos, der Gewalt ausgeliefert. Wie in aktuellen Konflikten bleiben sie oft unbeachtet – trotz ihrer Nähe zum Geschehen. (ll)
In calm black-and-white images, Kate Bush tells the story of a small Eurasian pygmy shrew moving through a war-torn landscape. Accompanied by a reinterpretation of the song “Snowflake”, the animal stands in for the vulnerability and voicelessness of children in war—overlooked, defenseless, exposed to violence. As in current conflicts, they often go unnoticed—despite their proximity to the events. (ll)

MÉMOIRE ENTROPIQUE (ENTROPIC MEMORY)
Nicolas Brault | 2024 | 6 min | CA
Kein Dialog, Farbe, Österreich-Premiere
Nicolas Brault erkundet in seinem experimentellen Animationsfilm die fragile Natur unserer Erinnerungen. Ausgangspunkt sind Familienfotos, deren Oberflächen durch Wasser beschädigt wurden. Diese unklar gewordenen Bilder erwachen im Film zu neuem Leben – fließend, schwebend und stets zwischen Klarheit und Zerfall schwankend. Ein atmosphärischer, klanglich subtil gestalteter Kurzfilm, der charmant dazu einlädt, sich mit dem Vergessen anzufreunden. (ll)
In his experimental animated film, Nicolas Brault explores the fragile nature of our memories. The starting point is a set of family photographs whose surfaces were damaged by water. These now-blurred images come back to life in the film—flowing, floating, always wavering between clarity and decay. An atmospheric short film with subtle sound design that gently invites us to make peace with forgetting. (ll)

MORAL SUPPORT
Vuk Jevremovic | 2024 | 4 min | DE
Kein Dialog, Farbe, Österreich-Premiere
Vuk Jevremovic wurde von der mit ihm befreundeten Musikgruppe Laibach eingeladen, ihr Musikstück Moral Support (2023) visuell zu gestalten. Historischer Ankerpunkt ist ein heftiger Kampf zwischen streikenden Bergleuten und jugoslawischen Nationalisten in Trbovlje im Jahr 1924, bei dem es zu Todesopfern kam. Ausgehend davon entwickelt Vuk improvisierend eine stilistisch vielschichtige Bilderflut, in der er sich Anleihen bei Kunstströmungen der entsprechenden Zeit nimmt. (tr)
Vuk Jevremovic was invited by the music group Laibach, with whom he is personally connected, to create a visual interpretation of their 2023 track Moral Support. The historical anchor point is a violent clash in Trbovlje in 1924 between striking miners and Yugoslav nationalists, which resulted in fatalities. Building on this, Vuk develops an improvised, stylistically layered stream of images, drawing on art movements of the corresponding era. (tr)

THE PROLOGUE
Marzieh Emadi, Sina Saadat | 2025 | 10 min | AT
Kein Dialog, Farbe, Wien-Premiere
In verspielten, surrealen Bildfolgen entfaltet The Prologue eine eigensinnige Schöpfungsgeschichte, die mit einem Mann in Arbeitskleidung beginnt. Hebel werden umgelegt, Kugeln lösen Kettenreaktionen aus, eine Szene führt mechanisch zur nächsten: Himmel, Wald, Tiefsee. Alles ist verbunden, alles bleibt in Bewegung. Der Film gleicht einem endlosen Experiment, in dem Ursache und Wirkung ins Absurde kippen – und der Anfang kein Ende kennt. (ll)
In playful, surreal sequences, The Prologue unfolds a peculiar creation story that begins with a man in work clothes. Levers are pulled, spheres trigger chain reactions, and one scene mechanically leads to the next: sky, forest, deep sea. Everything is interconnected; everything remains in motion. The film resembles an endless experiment in which cause and effect tip into absurdity—and the beginning knows no end. (ll)

WORLD WORRY WEB
Nadiia Pliamko | 2024 | 5 min | EE
Englisch, Farbe, Österreich-Premiere
In World Worry Web beginnt ein junger Freelancer scheinbar routiniert seinen Arbeitstag – doch der sprichwörtliche Elefant im Raum verfolgt ihn als sichtbare, aber ignorierte Last, die immer schwerer wiegt. Ohne es zu bemerken, verschmilzt er zunehmend mit digitalen Kommunikationsmitteln und verliert sich zwischen Realität und Unterbewusstsein – und lässt jede klare Trennlinie zwischen äußeren Verpflichtungen und inneren Abgründen verschwimmen. (ll)
In World Worry Web, a young freelancer appears to begin his workday as usual—but the proverbial elephant in the room follows him as a visible yet ignored burden that grows heavier by the minute. Without realizing it, he gradually merges with digital communication tools and loses himself between reality and the subconscious—blurring any clear line between external obligations and internal depths. (ll)

TODOS LOS FUTUROS
Bárbara Cerro | 2024 | 11 min | AR
Englisch, Farbe, Österreich-Premiere
Ein fiktiver Planet dient als Bühne für surreale Ereignisse, wenn Menschen wie abstürzende Kometen auf die Welt geschleudert werden, um anschließend unterschiedliche Handlungen zu setzen und Entwicklungen einzuleiten. Sie sind um ihre Fortpflanzung bemüht, suchen in Sternbildern nach Orientierung, beten übergroße Glasköpfe an und entwickeln Erfindungen mit negativen Konsequenzen – etwa Straßen und Autos, die zu Unfällen und Todesfolgen führen. (tr)
A fictional planet serves as the stage for surreal events, where humans are hurled onto the world like crashing comets, only to initiate various actions and trigger new developments. They are concerned with reproduction, look to the constellations for guidance, worship oversized glass heads, and invent things with negative consequences—such as roads and cars that lead to accidents and fatalities. (tr)

A ROUND OF APPLAUSE FOR DEATH
Stephen Irwin | 2024 | 4 min | UK
Englisch, Farbe, Schwarz-Weiß, Österreich-Premiere
Angesichts der Allgegenwart von Gewalt und Sterben – sei es in medialen Bildern oder in der Realität – erscheint es kaum verwunderlich, wenn Kinder versuchen, sich damit, in spielerischen Bewältigungsversuchen, auseinanderzusetzen. Stephen Irwin berichtet, dass ihn ein Satz aus dem Mund seines Sohnes dazu inspiriert habe, die Textzeile „dream, murder, murder party, death, round of applause for death“ als Mantra seiner düsteren „poetischen Meditation“ (Zitat: Chris Robinson) und Grundlage für seine visuellen Variationen des Themas zu nutzen. (tr)
Given the omnipresence of violence and death — whether in media images or in reality — it is hardly surprising when children attempt to process it through playful coping strategies. Stephen Irwin states that a sentence from his son inspired him to use the line “dream, murder, murder party, death, round of applause for death” as the mantra of his dark “poetic meditation” (quote: Chris Robinson) and as the foundation for his visual variations on the theme. (tr)

ONCE UPON A TIME ON EARTH
Phil Mulloy | 2024 | 14 min | UK
Englisch, Farbe, Schwarz-Weiß, Österreich-Premiere
Am Stadtrand Londons macht sich eine dreiköpfige Familie auf den Weg durch eine postapokalyptische Landschaft, in der Alligatoren, Drohnen und extreme Unwetter lauern. Was zunächst eher harmlos wirkt, endet in einer traumatischen Erfahrung. In minimalistischer Animation und beklemmender Atmosphäre erzählt Phil Mulloy vom zerbrechlichen Zusammenhalt einer Familie und von tief verwurzelten Ängsten angesichts einer ungewissen Zukunft. (ll)
On the outskirts of London, a three-person family sets off through a post-apocalyptic landscape inhabited by alligators, drones, and extreme weather. What at first seems rather harmless ends in a traumatic experience. Through minimalist animation and a claustrophobic atmosphere, Phil Mulloy tells a story about the fragile bonds of a family and the deep-rooted fears triggered by an uncertain future. (ll)